Kennt ihr das: Ihr lest ein Buch und habt das Gefühl, die Dialoge wirken künstlich? Da spricht eine Figur, und sie spricht ganz normales Deutsch, und trotzdem kommt es euch einfach nicht echt vor.
Passieren kann dies, wenn der Autor sich nicht richtig reinversetzen kann in
- Seine Figur
- Die Situation
- Die Sprechweise von „richtigen“ Menschen
Alle diese Punkte sind komplexe Themen mit zahlreichen Unterpunkten – alle einen Blogartikel wert 🙂 Gerade allerdings arbeiten wir in einer Werkstatt, daher genug der Worte und ran an die Arbeit.
Letztens bin ich über folgenden Dialog gestolpert. Mit Absicht zeige ich ihn erstmal ohne weiteren Kontext. Ihr müsst nur wissen, dass es gerade eine hektische Situation ist. Ein 20-jähriger, ganz durchschnittlicher Typ sagt zu seinem Kumpel:
Würde ein stinknormaler 20-jähriger so zu seinem Kumpel reden? Wenn es gerade hektisch zugeht? Stellt euch die zwei Jugendlichen mal vor. Also ich behaupte ganz klar: Nein! So reden Menschen einfach nicht, erst recht keine Jugendlichen, erst recht nicht, wenn es schnell gehen muss. Was haltet ihr davon:
Klingt das nicht schon viel natürlicher? Das ist vielleicht kein schönes Deutsch, und niemals würdet ihr einen normalen Text auf diese Weise schreiben, doch so reden Menschen nun mal, also sollten eure Figuren das auch tun. Nur dann wirkt es realistisch. Ihr müsst euch also in die Figuren hineinversetzen können und euch fragen, wie – je nach Situation – ihr selbst, euer Kumpel, eure Oma, der Anwalt, die Nachbarin etc. das ausdrücken würden. In diesem Fall hat der Autor das nicht getan. Die Folge: Vom Stil und vom Klang her klingt sein Dialog genauso wie der Text drum herum.
Ausnahme: Wir antworten auf eine Frage, der Nebensatz steht also für sich alleine.
Noch unrealistischer wirkt der Dialog, wenn man dann noch den Kontext kennt: Ein Kumpel ist gerade metertief gestürzt und liegt schwer verletzt auf dem Boden. Da sagt unsere Figur (diesmal der vollständige Dialog):
Toller Beitrag! Ich stolperte auch schon sehr oft über unrealistische Dialoge und konnte nur den Kopf schütteln. Als angehende Lektorin helfen mir deine Tipps ebenfalls weiter 🙂
Liebe Grüße
Jacky von Magie aus der Feder
Danke für dein Lob! Das freut mich sehr 🙂
Dialoge machen Figuren lebendig. Schade, wenn sie dann im eigenen Text alle in der gleichen geschliffenen Sprache miteinander reden. Dein Beitrag ist daher sehr hilfreich.
Mir hilft es auch, die Dialoge laut zu lesen. Da merkt man dann oft sehr deutlich, wo es klemmt. Eine gute Schule war für mich übrigens ein Hörspiel-Kurs, in dem wir die Skripte selbst geschrieben und dann die Texte eingesprochen haben. Kann ich wirklich empfehlen, um Dialoge zu üben.
Frohes Schreiben und viele Grüße, Ricarda